Begleitbatterie 11

Das Wappen zieren eine überdimensionierte Kanonenkugel aus dem Wappen des RakArtBtl 112, ein Wachturm als Zeichen des Kernauftrags und die beiden Kreuze aus dem Wappen der vorgesetzten 11. Panzergrenadierdivision. Der blaue Hintergrund ist dem Wappen des Oldenburger Grafenhauses entnommen. Mit Zustimmung der Stadt Oldenburg und nach Genehmigung durch 11. PzGrenDiv wird das Wappen im Oktober 1987 offizielles Abzeichen der Batterie.

Die Batterie gehört ursprünglich als 5./- (später 4./-) in das Raketenartilleriebataillon (RakArtBtl) 112, das mit dem Raketenwerfer Honest John atomare Munition verschießen kann. Zur Bewachung, unter enger US-amerikanischer Aufsicht, und zur Absicherung bei Transporten dieser Munition verfügt das Bataillon über eigene Infanteriekräfte in Form der Begleitbatterie, die personell so stark ist wie ein kleines Bataillon, um mit zwei Sicherungsstaffeln den Auftrag zu erfüllen. Eigene Führungs- und Versorgungsteileinheiten befähigen die Batterie zum Einsatz weit abseits des Bataillons.

Im Friedensbetrieb bewacht und sichert die Batterie rund um die Uhr im Schichtdienst den äußeren Ring eines "Sondermunitions"-Lagers, dessen inneren Ring die US-Amerikaner selbst besetzen. Nur diese wissen, ob und welche Munition gelagert ist. Bei Übungen wird der Transport der Atomsprengköpfe simuliert, dazu die Zuführung zum Einsatzmittel und Abschuss. Die Batterie bewacht und sichert in engem Zusammenwirken mit dem amerikanischen Detachement, den Artillerie-Spezialzügen des Regimentes und dem Nachschubbataillon Sonderwaffen des Korps.

Die Art und Weise der Auftragserfüllung folgt strengen Vorgaben sowohl der US-  Artillerie als auch NATO-Vorschriften. Die Batterie muss sich daher jährlich intensiven Prüfungen unterziehen, um weiter als "fähig" anerkannt zu bleiben. Diese z.B. ATT ( A  nnual  T  raining  T  est) und NWTI (N  uclear  W  eapons  T echnical  I nspection) genannten Prüfungen unter NATO-Aufsicht sind für die Batterie, das Bataillon, die das Einsatzmittel stellende Batterie, die für allgemeine Prüfaufgaben herangezogenen Schiedsrichter, den verantwortlichen Regimentsstab und sogar für die zu diesem Zweck bestehende nationale Prüfgruppe beim I. Korps jedes Mal eine ganz eigenartige Streßlage: wird TOT (T ime O ver T arget) eingehalten? Da sind die NATO-Prüfer unerbittlich. Durch den ATT zu fallen ist auf allen Ebenen nicht karrierefördernd. Gut, nein schlecht, es kann passieren, dass mal ein Bewachungssoldat im ganz äußeren Ring schlicht vergessen wird und den Tag mutterseelenallein ohne Verpflegung oder Zuspruch in seiner Stellung ausharren muss. Als Begleitartillerist, zugleich im Hauptamt Infanterist, ist man hart im Nehmen. Daher: die Batterie erwirbt sich zahlreiche Anerkennungen für ihre Leistungen, darunter zweimal ein schriftliches Sonderlob des Oberbefehlshabers der US-Truppen in Europa (USAREUR), im Juli 1985 eine Auszeichnung von USAREUR und dem Inspekteur des Heeres für beispielhafte deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, und am 09.11.1990 eine förmliche Auszeichnung der 59th Ordnance Brigade im Namen der 7. US Armee für ihr Ergebnis beim NWTI.

Nebenbei und am Rande: Die Ansichten der Amerikaner und der Deutschen gehen bei der Bewertung von technischen Zuständen zuweilen weit auseinander, wobei im Zweifel beim NWTI die amerikanischen Vorstellungen gelten, was zu Wutausbrüchen auf beiden Seiten führt.  Als Beispiel mag der per kräftiger Fettpresse zu versorgende Schmiernippel dienen, zu Zeiten der Begleitbatterie ein durchaus häufig vorkommendes Accessoire an den großen und kleinen Autos. "Frei von äußerlich sichtbarem Fett!" sagen die Amerikaner, weil dieses Fett die Brandgefahr erhöhen kann. Wie soll ich denn kontrollieren, ob ein Nippel geschmiert ist, wenn ich das frische Fett nicht sehen kann: "sichtbares Fett am Nippel!" sagen die Deutschen und denken dabei sicher auch 2014 noch voller Wehmut an den legendären Nippel am Kupplungsausrücklager des guten alten Fünftonners von MAN, der in 99,9 von 100 Fällen zu schmieren vergessen wird und die Fahrer in der Folge zu gewaltig dicken linken Waden zwingt.

Mit Abgabe der Honest John 1980 verliert das RakArtBtl 112 seine atomare Komponente, das FArtBtl 111 und auch eine der Batterien der Brigadeartillerie behalten diese aber. Also muss die Begleitbatterie raus aus 112 und direkt zum Regiment als Selbständige Batterie, um für das Regiment und die Division verfügbar zu sein. Sie wird die Regimentsnummer tragen und Begleitbatterie 11 heißen. Der Regimentskommandeur vollzieht den Wechsel in einem Bataillonsappell am 01.04.1987. Das zu bewachende Lager liegt bei Liebenau. Bis dato war dies in Dünsen, wo die Batterie bis zum 01.06.1973 auch untergebracht ist; sie zieht dann um in die Barbara-Kaserne in Adelheide. Das Lager Dünsen ist nach einem entsprechenden Antrag des I. Korps vom Januar 1985 und einer Koordinierungsbesprechung mit allen Beteiligten im Januar 1987 in einen Ausbildungsstützpunkt für Übernahme, Zuführung und Nachfolgeversorgung von "Sondermunition" (ab Juli 1987) umgewandelt. Es erlebte am 1. und 2. Oktober 1983 mal eine Blockade mehrerer Hundert aufgebrachter Bürger zu Zeiten der Argumentation zum NATO- Doppelbeschluss und gegen den allgegenwärtigen Atomtod. Es ging schiedlich-friedlich aus.

Die erste auftragsbezogene Bewachung in Liebenau beginnt am 02.02.1987, die letzte endet am 20.01.1992. Richtig, zu diesen Zeiten ziehen die Amerikaner in spektakulären Konvois die Masse der in Deutschland gelagerten Atomwaffen ab.

Die Batterie wird zum 09.07.1992 von ihrem Auftrag entbunden und soll ab 01.01.1993 je 160 Rekruten pro Quartal durch die Allgemeine Grundausbildung bringen. Sie zieht daher in ihren angestammten Unterkünften um, führt vier Durchgänge Grundausbildung durch und wird zum 31.12.1993 aufgelöst.


Quellen:   Verwendete Quellen sind hier enthalten.