Drohnenbatterie 1

Das Wappen der Batterie zeigt oben den Falkenkopf aus dem Wappen des Beobachtungsbataillons 113 als Erinnerung daran, dass die Batterie dem Bataillon als dessen 4. Batterie entstammt. Es zeigt unten das Divisionswappen der 11. Panzergrenadierdivision zur Erinnerung an den Großverband, für den die Aufklärungsleistung der Batterie ursprünglich zu erbringen war. In der Mitte, auf artillerierotem Grund, zeigt es eine stilisierte startbereite Drohne CL 289.

Zu den "Anfängen" der Batterie siehe auch den Bericht "Beobachtungsbataillon 113".

Die Komponente "Aufklärung aus der Luft" mittels Drohnen (heute UAV genannt: U nmanned A erial V ehicles, um die Komplexität der heutigen Systeme anzudeuten) zusätzlich in eine der bestehenden Beobachtungsbatterien einzugliedern, erschien Überforderung zu garantieren. (Dass anno 2014 Aufklärungsbatterien mit dem vollständigen Systemmix entstehen, erscheint dem Verfasser als "Altem Sack" der Aufklärenden Artillerie abenteuerlich.)

Also wird die Drohnenbatterie als 4. Batterie des Beobachtungsbataillons 113 zum 01.10.1986 ins Leben gerufen, steht aber zunächst nur auf dem Papier. Denn die "alte Drohne" CL 89 soll nicht mehr zugeführt werden, und die "neue Drohne" CL 289 ist noch nicht verfügbar. Das Kaderpersonal mit 2 Offizieren und 8 Unteroffizieren wird auf die anderen Batterien verteilt.
Im Herbst 1986 wird während der NATO-Übung BOLD GUARD in Schleswig-Holstein das noch nicht vorhandene Drohnensystem simuliert, indem eine am Hubschrauber befestigte Kamera nach Drohneneinsatzregeln Fotostrecken ablichtet. Im Ergebnis kommen leider nur wackelige schwarzweiß-Bilder zustande, die nach Landung auszuwerten sind. Es gibt noch keine Infrarot-Bilder, und schon gar nicht während des Fluges per Datalink übertragen, weil die Eigenschwingung des Hubschraubers nicht ausgeglichen werden kann. Wertvolle Lehren können trotzdem gezogen werden: im Dezember 1986 führt das Bataillon erstmals eine Weiterbildung für "die Droneure" durch und besucht dazu die Drohnenbatterie der 1. Division in Bergen während einer Flugperiode. Fliegt sie nun, die Drohne, oder fliegt sie nicht? Und liefert sie auswertbare Filmstrecken? Schon, aber da zunächst nur auf dem Übungsplatz Bergen geflogen werden darf, immer an den Platzgrenzen entlang, und immer unter Kontrolle einer eigenen Prüfgruppe der Platzkommandantur, ist die Ausbeute an Verwertbarem gering. Und welchen Einfluss hat das "neumodische" GPS? Fehlen Satellitensignale, wird nicht geflogen.

Einschub 1: Was macht eigentlich so ein Aufklärungsdrohnensystem CL 289?

Es erfliegt Bildmaterial in schwarz-weiß, das stereographisch auswertbar ist, und in Infrarot, das von Spezialisten rechnerunterstützt ausgewertet und im Wege von Lage- und/oder Zielmeldungen den Bedarfsträgern zur Verfügung gestellt wird, grob rasch ausgewertet, im Detail später. Die Aufträge dazu kommen meist von der vorgesetzten Division über das Regiment in die Batterie.
Zwei Startgeräte und zwei Landegeräte sorgen für relative Flexibilität, je nur ein mit Stelle versehener Startfeldwebel führt zu Frust, wenn einer davon krank ist. 16 Drohnen hat eine Batterie.

Bei einer Eindringtiefe von ca. 170 km können bis zu 10 vorher festgelegte Fotostrecken von je max. 10 km abgeflogen werden. Der Flugkurs wird vorher dazu passend, einschließlich der Höhen, aus denen auswertbare Bilder noch zu erwarten sind, programmiert, ist unterwegs nicht änderbar und wird per GPS- und Dopplerhöhenradar kontrolliert. Der Infrarotanteil der Aufnahmen wird bis zu 70 km Entfernung per Datalink an die Bodenstation übertragen und dient einem erstem Überblick und Hinweis auf Schwerpunkte in der Auswertung der schwarz-weiß-Bilder noch während des Fluges. Nach ca. 30 min landet die Drohne (hoffentlich) sanft per Fallschirm in ihren Airbags am vorbestimmten Punkt: Die Kameras werden entnommen. Die Drohne wird zur technischen Prüfung und neuer Einsatzbereitschaft gebracht, während die Melder mit den Kameras auf schnellstem Wege zur Entwicklungsanlage fahren, damit die entwickelten Filme schnell zu den Auswertern gelangen, die sich schon in ihre zu bearbeitenden Fotostrecken mittels Karten und Geländevergleich "eingelesen" und ihre Rechner entsprechend vorbereitet haben. "Drohnendauerfeuer" verbietet sich: Überlaste die Entwicklermaschine und die Auswerter nicht, halte die rechnergebundenen Flugplaner bei Laune und gib den Prüfern/Instandsetzern die Zeit, die sie brauchen, um sicheres Fliegen zu ermöglichen! Wie war es anfangs auf dem Balkan, als Drohnen verloren gingen oder keine Ergebnisse brachten? Der "Spiegel" war voller Häme.
Herausforderung 1, die leichte: Halte den Bereich, in dem das Starttriebwerk sich von der Drohne löst und zu Boden fällt, frei von Personal, auch fremdem.
Herausforderung 2, die richtig schwere: Koordiniere die (eigenen!, von der Gegenseite nicht zu reden) Flugbewegungen von Jets (militärisch und zivil!), Hubschraubern, Artilleriegeschossen, weiteren Drohnen, Wetterballons und sonstigen Luftraumnutzern nach Zeit und Raum so, dass die Drohne und alle anderen ihre Aufträge unfallfrei erledigen können.
Herausforderung 3: Erteile nur Aufträge, die auch bei Wetterunbilden erfüllbar sind. (Vereisung, dichter Nebel etc. als Hemmschuhe)

Einschub 2: Im Zusammenhang mit der zu lernenden Aufklärung mittels der Drohnen CL 289 meldet sich im Sommer 1987 ein Entwicklungsingenieur eines Bremer Großkonzerns beim Bataillon und bittet um Unterstützung: Man wolle ein unterwegs steuerbares fliegendes Aufklärungssystem als Ergänzung zur bestehenden Planung / Ausrüstung entwickeln und benötige erst einmal eine genauere Idee von dem, was das Bataillon eigentlich so leistet und leisten könnte und sich als Verbesserungen vorstellt. Der Mann kann kommen, übt als (vorläufiger) Hauptmann vier Wochen und geht mit den Spezialisten in die Details. Und tatsächlich kommt 17 Jahre später das Fluggerät, zunächst gemeinsam mit den Franzosen entwickelt, als KZO heraus, wird später erfolgreich auf dem Balkan und in Afghanistan eingesetzt und ersetzt wenigstens teilweise die (dann ausgemusterte) Drohne CL 289.
Ende der Einschübe.

Die beginnende Luftbildauswerteausbildung der "Droneure", die bei der Luftwaffe erfolgt, führt das LwAufklGeschwader 52 aus Leck mit seinen Auswertern zum Besuch beim Bataillon und des Kaderpersonals der 4. Batterie im November 1987 ebenfalls auf den Übungsplatz- zu beiderseitigem Nutzen, wie berichtet wurde, denn die Ausrüstung ist nahezu identisch.

Der Unterkunftsblock und die hochspezialisierten Ausbildungs- und Werkhallen können im November 1988 übernommen werden.

Die Drohnenbatterie wird am 12.06.1989 "erneut aufgestellt", im Rahmen eines Bataillonsappells. Sie revanchiert sich mit einer beeindruckenden Weiterbildung für die Offiziere des Bataillons zum Einsatzkonzept des neuen Drohnensystems CL 289. Die Batterie wird so leistungsfähig sein wie alle mit der "alten" Ausstattung versehenen Batterien zusammen! (Und dennoch ist sie für z.B. Aufgaben wie später in Afghanistan nicht leistungsfähig genug: es fehlt an "Echtzeit"-Videos; und Nachsteuern geht leider nicht)

Im August 1989 kommt das erste Fahrzeug in die Batterie. Ein Fahrrad! Es spielt eine wichtige Rolle bei der ersten Übung der Batterie, AUFTAKT `90, am 12. und 13.09.1990.

Das hochkomplexe Systemgerät folgt erst ab Frühjahr 1991, mitten hinein in die Allgemeine Grundausbildung, die die Batterie durchzuführen hat. Sie hat da schon ihren dritten Chef.

Flugplanungsgerät, Startgerät, Luftbildauswerteanlage, Bilddatenempfangsanlage sind bei Dornier in Friedrichshafen in Empfang zu nehmen und zu überführen, während die ersten 9 von 16 Drohnen Mitte Juli per Bahn eintreffen. 

Bei der Korpsrahmenübung FRISCHER WIND im Oktober 1991 wird der Einsatz der Drohne CL 289 simuliert, während die erste Flugperiode für die 4. Batterie bei der Erprobungsstelle in Meppen vom 11.11. bis 06.12.1991 läuft, noch als Erprobung deklariert. Die Batterie zeigt, dass sie mit dem neuen System umgehen kann und hat am 19.11.1991 (nach 5 Jahren, einem Monat und 19 Tagen seit Bestehen) den ersten erfolgreichen Flug mit auswertbarem Filmmaterial. Drohne "Simon“ (alle Drohnen erhalten Namen, das muss so sein) ist dazu von 09:18 bis 09:43 h in der Luft. Damit ist die Batterie die erste im Gesamtbereich der NORTHern Army Group der NATO (NORTHAG), die Drohnenflugerfahrung aufweisen kann.

Die notwendige eigene Luftbildschnellentwicklungsanlage wird erst im Januar 1992 aus Bremen abgeholt. Das zugehörige Wassertransportfahrzeug kommt einige Tage später per Bahn.

Während der Flugperiode 1/1992 in BERGEN stürzt leider eine Drohne der 4. Batterie am 11.02.1992 ab resp. "landet sehr hart".

Anfang Juni besucht der Divisionskommandeur, Generalmajor Oltmanns, die Batterie.

Den ersten Nachtflug hat die Batterie am 15.12.1992 ausschließlich für Infrarotaufnahmen, denn schwarz-weiß bei Nacht ist nicht sinnvoll.

Die Droneure, seit 01.01.1993 vorsorglich Drohnenbatterie 110 genannt, sollen Selbständige Batterie werden, so denn der einschlägige Befehl vorliegt. Genau, dieser Befehl kommt am 22.04.1993, ist am 31.03.1993 ausgefertigt und legt fest, dass die Drohnenbatterie 110 ab 01.01.1993 Drohnenbatterie 1 heißt und dem ArtRgt 1 unterstellt ist. Dies wird zum 06.05.1993 vollzogen und mit einem Regimentsappell am 16.06.1993 bekräftigt, mit dem vierten Batteriechef in der Front, der aber nur etwas über ein Jahr im Amt bleibt.

Zwischendrin wird das hochspezialisierte Drohneninstandsetzungspersonal aus dem Instandsetzungsbataillon 11 zur Drohnenbatterie versetzt: die ist ja selbständig!

Spaß muss sein: Am 11.11. um 11:11h im Jahre 1994 ist der Start eines von sechs Drohnenflügen der aktuellen Flugperiode, die aus Sicherheitsgründen damals allesamt auf dem Truppenübungsplatz Bergen stattfinden (müssen), denn unbemannte und nach Start nicht mehr lenkbare Flugkörper dürfen nicht frei umherschwirren. Erleichterung ist aber, dass die Schießbahn 5b in Bergen als Startraum freigegeben wird und auch während einer Übung genutzt werden darf. Und später auch der Übungsplatz Baumholder.

Die Batterie stellt vom 15. bis 18.05.1995 ihr System bei einer NATO-Fachtagung in Belgien vor und hat im November das Glück, zwei zusätzliche Flüge aus einem anderen Kontingent machen zu können – der 50. Flug der Batterie mit der Nummer 0346 über eine Strecke von 241,11 km und einer Dauer von 19:32 min kann bei dieser Periode gefeiert werden. Gleich anschließend nimmt das Führungs- und Fachpersonal an der computerunterstützten Übung CANON CLOUD des I. deutsch-niederländischen Korps in Lingen teil, im Juni 1996 gleiches im NIEDERSACHSENDERBY bei WBK II / 1. Panzerdivision und im August bei COOPERATIVE LANTERN der NATO.

Hier enden die verfügbaren Aufzeichnungen aus der Batterie.

Im September 2003 verlegt die Drohnenbatterie 1 von Delmenhorst samt Unterstellungswechsel nach Coesfeld, geht als Aufklärungskompanie ISAF mit der Kleindrohne LUNA von Mai bis August 2004 und nochmal vom Juli bis November 2007 nach Afghanistan. Danach beginnt die endgültige Auflösung.

Der letzte Drohnenflug CL 289 unserer ehemaligen Delmenhorster Kameraden ist im November 2006.


Quellen:   Drohnenfotos: Stabsfeldwebel a.D. Rainer Schiller
              Sonstige verwendete Quellen sind hier enthalten.