Das Wappen wurde 1961 von einem nicht benannten Mannschaftsdienstgrad geschaffen. Die drei Raketen symbolisieren die ursprünglich drei schießenden Batterien, zugleich aber auch das Feuer der Mehrfachraketenwerfer. Die goldene brennende Artilleriekugel zeigt die gemeinsame Waffengattung Artillerie; die Farben Schwarz, Rot, Gold sind die Farben unseres Staates, wobei das Rot überwiegt: die Waffenfarbe der Artillerie.
Das Wappen wird 1980 als offizielles Bataillonswappen genehmigt. Seit dem 15.08.1981 tragen alle Fahrzeuge des Bataillons das Wappen; ab 25.09.1981 wird es als Brustanhänger zur Uniform getragen.
Die Geschichte der Raketenartillerie in Delmenhorst beginnt am 16.04.1960 mit dem Einzug der ersten Soldaten der 2. Batterie (Bttr) in die ehem. Caspari-Kaserne (BtlGeschichte in DEL). Hauptmann Scheele ist Chef.
Das Bataillon(Btl) selbst wird am 06.04.1961 in Adelheide, (ehem.) Boelcke-Kaserne, unter der Führung von Oberstleutnant (OTL) Rieke aufgestellt und hat zunächst zwei schießende Batterien (Bttr), ausgerüstet mit dem amerikanischen Raketenwerfer Honest John (HJ), der für den Verschuss von atomarer Munition vorbereitet und vorgesehen ist und 40 km weit schießen kann. Die Rakete hat ein Kaliber von 762 mm und hat samt Transporttruck ein Leergewicht von 16,8 t.
Die "Sicherungs"-Batterie für den Munitionstransport, die 5./-, wird als Begleitbatterie in der (ehem.) Munitionsanlage (Muna) Dünsen stationiert.
Bereits im November 1961 schießt das Btl den ersten HJ-Übungs-Schuss auf dem Truppenübungs- und Schießplatz (TrÜbPl) Bergen und wird kurz darauf (17.-21.02.1962) in Katastrophenhilfe bei der Flutkatastrophe in Burhave am Jadebusen eingesetzt. Aus dem Wochenende per Radio zurückgerufen gehen die Soldaten in einen zunächst völlig unkoordinierten Einsatz mit viel Nebeneinander, aber schließlich erfolgreich und mit bleibender Erinnerung bei der Bevölkerung.
Ein wichtiges Ereignis in der Bataillonsgeschichte ist der 19.05.1962: es nimmt an der Feldparade in Kreyenbrück anlässlich der Unterstellung der 11. Panzergrenadierdivision (11. PzGrenDiv) unter das Kommando der NATO teil. (Exkurs: 11. PzGrenDiv führt das Artillerieregiment (ArtRgt) 11; dessen zweites Bataillon ist das Raketenartilleriebataillon, das folglich die Nummer 112 trägt; siehe auch FArtBtl 111 und BeobBtl 113.)
Zum 01.07.1962 wird die 4. Batterie aufgestellt; damit hat das Bataillon nun sechs Raketenwerfer Honest John in drei schießenden Batterien. Die 3. Batterie hat sich bereits im Dezember dem ersten atomaren Test zu unterziehen, (siehe hierzu auch: Begleitbatterie 11 und 5th USAFAD) die 2./- folgt im Mai 1963.
Bereits im Februar 1963 kommt das 5th US Missile (erst später: FieldArty) Detachment nach Dünsen (siehe kurze Chronik unter 5th USAFAD). Es ist sowohl Verbindungskommando als auch "Aufsichtführendes Organ" der US-Streitkräfte für mögliche atomare Einsätze und die übungsmäßige Vorbereitung darauf, denn die Bundesrepublik verfügt nicht über Atomsprengköpfe. Jährliche Tests der NATO wie N uclear W eapons T echnical I nspection (NWTI) oder A nnual T raining T est (ATT), gefürchtete Angelegenheiten zur Überprüfung, ob der Kandidat Vorgaben und Verfahren des atomaren Einsatzes sowie die Technik beherrscht, müssen vom Btl bestanden werden, und werden bestanden, um die Einsatzfähigkeit sicherzustellen. (seit Ende 1963 StO)
Im November 1964 verschießt die 2./- die erste HJ mit konventionellem Gefechtskopf. (Foto vom Abschuss)
Bundespräsident Lübke übergibt am 24.04.1965 während einer Großveranstaltung in Munster in einer feierlichen Zeremonie die Truppenfahne an das Bataillon.
Ende März 1966 ist der erste Kommandeurwechsel von Oberstleutnant Rieke an Oberstleutnant Pannen, der knapp vier Jahre bleibt.
"Honest John mit Musik und Fackelschein" übertitelt die Nordwest Zeitung im September 1966 den Vorbeimarsch des vom Schießplatz Putlos zurückkehrenden Bataillons auf dem Hans-Böckler-Platz im Herzen der Stadt Delmenhorst. Ungeübt ist das nicht so einfach wie es sich liest: mit tiefflugverdächtiger Geschwindigkeit jagen die Fahrzeuge durch die Stadt, um ja nicht den Anschluss zu verlieren oder Lücken aufreißen zu lassen. So mancher Truck, (US- Gerät!) samt Raketentransportanhänger immerhin 17 m lang und mit Riesenwendekreis ausgestattet, jagt Fußgänger und Pkw zur Seite. Es geht aber alles gut.
Erst im Herbst 1968 erhält das Btl Feldkanonen für 20 mm-Munition (FK 20) zum Eigenschutz und die Fliegerabwehr in die 1. und 5. Bttr.
Am 04.05.1969 besteht die NATO 20 Jahre. Regiment und Bataillon sind an der Feldparade beteiligt.
Zum Jahresbeginn 1970 kommt Oberstleutnant Hannemann, der spätere General, als neuer Kommandeur.
Im August 1970, und erneut 1975, erhält das Bataillon jeweils eine besondere Auszeichnung: USAREUR, der Oberbefehlshaber der US-Truppen in Europa, lobt die Leistungen aus dem vergangenen Jahr.
Durch die Änderung im Einsatzkonzept der Artillerie geben im Jahr 1971 3. und 4. Bttr ihre HJ ab; die 2./ - wird bis 1980 mit vier Systemen HJ ausgestattet und dann aufgelöst; (eine Gedenk-Rakete steht heute (Nov 2014) noch auf ihrem Sockel in der Adelheider Kaserne) die anderen Bttr bereiten sich auf die Aufnahme des "Leichtes Artillerie Raketen-System" (LARS) vor, einem Mehrfachraketenwerfer mit 36 Abschussvorrichtungen je Werfer, der in 18 Sekunden alle 36 Raketen auf eine Entfernung zwischen 6 und 14 km verschießen kann. Antipanzerminen-, Splitter- und Nebelmunition sind die Hauptbestückung für die Bekämpfung von großflächigen Zielen. Und schnell ist zu reagieren: die vier Stunden von Alarm bis zum Schuß bei HJ sind Geschichte. Das alles einzuüben, erfordert zahlreiche Belehrungs- und Vorführungsschießen auf den Schießplätzen quer durch die Republik, dazu auch strenge Dienstaufsicht. (Bilder Mehrfachraketenwerfer)
Zum 01.10.72 wird die Ausbildungskompanie 12 des I. Korps dem Btl unterstellt und wird ab April 1974 in ArtAusBttr 12/I (sic!) umbenannt.
Mit Fertigstellung des neuen Kasernenteils "Barbara"- Kaserne, benannt nach der Schutzheiligen der Artillerie, zieht zum 01.06.73 auch die 5./-, die BegleitBttr, von Dünsen nach Adelheide. 1974 wird endlich das neue Stabsgebäude fertig. Der seit 01.04.1973 neue Kommandeur, Oberstleutnant Naumann, kann mit seinem Stab die "grüne Baracke" verlassen.
Schon zum 01.10.1974 kommt "Kaiser Franz" Kreitz als neuer Kommandeur für sechs Jahre. In seine Zeit fällt die Entwicklung des "Einsatzkonzeptes Waffensystem 110 SF" mit auf Schnelligkeit und Genauigkeit gemünzten Grundsätzen. Zentraler Einsatz der Vermesser, Taschenrechner statt Logarithmentafel, Bereitschaftsgrade zur Beschleunigung und Üben, Üben, Üben bringen einen großen Schritt nach vorne.
Ab 1975 wird ge "GAP" t! Der Gesamtausbildungsplan, in der Truppe GAP abgekürzt, tritt in Kraft. Sein Befolgen führt einerseits zum "GAPen" oder auch "AbGAPen" und außerdem zu seltsamen Blüten: "Vermessen bei Nacht" steht im Juni drin, wenn es länger als bis 22 Uhr ordentlich hell ist und früh am Morgen schon wieder. Gemeint ist wohl "Vermessen bei schlechter Sicht und bei Dunkelheit", und das wäre dann Aufgabe zu anderen Zeiten.
Im Winter 1979 stellt das Bataillon zahlreiche Soldaten mit Gerät zur Bekämpfung der Schneekatastrophe im Bereich Lemwerder ab.
1980 ist das Jahr der Umgliederung nach Heeresstruktur 4: Versorgungsdienste werden zentralisiert, Fahrzeuge einer neuen Generation sind aufzunehmen, intern ist umzugliedern, neue Truppenteile entstehen (BeobBtl 113 zum Beispiel) und das alles bei unverändert fortbestehenden Ausbildungsaufträgen. Es geht rund, auch bei RakArtBtl 112, insbesondere in der Personalgewinnung! Und wieder beim Wechsel des Kommandeurs zu Oberstleutnant Weber zum 01.10.1980.
Ab 01.10.1980 besteht das Btl nun aus der 1.- (Stabs- und Versorgungsbttr); der (ehem. 4./- nun als) 2./ -und 3./- als schießende Batterien mit LARS und der (ehem. 5./- nun als) 4./- , der BeglBttr, und begeht am 13. und 14. 06.1981 in dieser Gliederung mit zahlreichen Ehemaligen und Freunden seinen 20. Geburtstag, gewürdigt in einer eigens herausgegebenen Festschrift.
An der Heeresübung STARKE WEHR im September 1982 nimmt das Bataillon mit dem leistungssteigernd umgerüsteten LARS und dem neuen Feuerleitradar (FERA) teil. FERA? Ja, die Herausforderung beim Verschuss von ungelenkten Raketen ist, dass der Einschlagpunkt (oder der hochgezogene Sprengpunkt, wahlweise) nur sehr grob vorhergesagt werden kann. Wetter und sonstige Einflüsse machen die Flugbahn unübersichtlich, führen zur Verschwendung von Munition und unzureichender Wirkung. Vor allem aber kann die völkerrechtliche Maßgabe, verlegte Minenfelder genau zu bestimmen und zu dokumentieren, nicht eingehalten werden. Also wird FERA helfen: eine Meß-Rakete wird vor dem eigentlichen Schießen losgeschickt, von FERA auf der Flugbahn verfolgt und im Soll-Ist-Vergleich der Flugbahn als Korrektur für die folgenden Raketen berechnet. Das zeigt Wirkung, denn in der Folge besucht eine Reihe von Stabsoffizieren aus Nicht-NATO-Staaten das Bataillon, um sich in die Neuigkeit einweisen zu lassen.
Verteidigungsminister Dr. Wörner besucht in Begleitung des Divisionskommandeurs (DivKdr), Generalmajor Hoster, die Kaserne. Die Soldaten des Bataillons nutzen die Gelegenheit zum Gespräch am 17.04.1984.
Hoher Munitionseinsatz, auch bei Raketen, ist nötig, um vor Teilnehmern der Heereseinheitlichen Taktischen Weiterbildung das System Artillerie vorzustellen. Ein eigenes Vorführungsschießen findet am 13.07.1984 statt.
Der erste Truppenübungsplatzaufenthalt des Jahres 1985, ab 3. Januar und mit Teilen im Biwak Bergen bei sibirischen Minustemperaturen von 20° und mehr, zeigt gnadenlos Mängel in Ausbildung und auch Ausrüstung zur Bewältigung solcher Lagen auf. Umfangreiche Erfahrungsberichte führen schnell zu "truppenfreundlichen" Lösungen bei der Bekleidung und auch Hilfsmitteln für die Ausrüstung.
Ab 01.10.1985 wird die einheitsweise Auffüllung eingeführt und verlangt von den Batterien, ihre Rekruten selbst grundauszubilden und dann weiter selbst zur Einsatzreife bringen. "Kriegsnahe Ausbildung" ist das Stichwort. Im Herbst wird Oberstleutnant Dr. Wittmann, der spätere General und (u.a.) Berater des deutschen NATO-Botschafters, neuer Kommandeur.
Zum 30.06.1986 schließt das Btl eine Patenschaft mit der Emslandgemeinde Lathen und nimmt im September an der NATO-Übung BOLD GUARD in Schleswig-Holstein teil.
Im März 1987 verlegt das Bataillon per Eisenbahn unter gefechtsmäßigen Bedingungen auf den Truppenübungsplatz, bevor zum 01.04.1987 die neue Struktur der Artillerie (ArtStru 85) durchgreift; damit verliert das Btl seine bisherige 4./ - (BegleitBttr), diese wird als Selbständige Bttr direkt dem ArtRgt 11 unterstellt. Das Btl hat nun neben der 1. Bttr die 2./- und 3./- mit LARS (Foto 1 und Foto 2) während die neuen 4/.- und 5./- Bttr Kaderpersonal für das "Mittleres Artillerie Raketen-system" MARS erhalten.
Neuer Kommandeur ist Oberstleutnant Augustin, der aus Süddeutschland kommt und das Bataillon bis zur Auflösung führen wird. Sein besonderes Kennzeichen: er ist passionierter Pfeifenraucher. Unter seiner Ägide wird "Fremdes" getan. Hatte doch schon der Scheidende dem Neuen gesagt: "Dass ich die Geschicke des Bataillons in deine bewährten Hände legen darf, freut mich. Aber dass du das Raketenartilleriebataillon zum Gebirgsjägerbataillon umfunktionierst, nehme ich dir übel!", denn einmal jährlich nehmen ausgesuchte Offiziere und Unteroffiziere an einer Wanderpatrouille im Werdenfelser Land teil und besuchen dortige fremde Truppenteile zur Weiterbildung. Man fliegt mit der Transall von Ahlhorn nach Landsberg/Lech und zurück. Was hätte Dr. Wittmann gesagt, wenn er gewusst hätte, dass am 04.07.1990 der Kommandeur und fünf Soldaten des Bataillons auf U-Boot S189 eine Tauchfahrt in der Ostsee unternehmen?
Zum 01.04.1990 ist die 4. Bttr voll aufgefüllt und bildet Rekruten für das gesamte ArtRgt 11 aus; MARS ist noch nicht verfügbar. Und wird auch zu Lebzeiten des Bataillons nicht mehr kommen.
Erstmals wird am 14.09.88 ein Feierliches Gelöbnis in der Patengemeinde Lathen durchgeführt. Rekruten von 112 und 113 legen Eid bzw. Gelöbnis ab. Die Gemeinde erhält in Würdigung ihres besonderen Engagements aus der Patenschaft für die Verbindung zwischen Soldaten und Zivilbevölkerung die Wehrbereichsmedaille durch den Befehlshaber verliehen.
Im Februar 1989 beginnt ein neues Zeitalter: als erster Verband der Bundeswehr nimmt das Raketenartilleriebataillon 112 ein auf Microsoft DOS basiertes Informationssystem zur Logistik (LogInfoSys) mit Datenverarbeitungsunterstützung und unter Anleitung / Aufsicht des Heeresamtes in Betrieb. "Ämm- Ess- Doss" wird ab jetzt auf den Fluren der Versorger entweder zuversichtlich gewispert oder lautstark geflucht, wenn wieder ein Bote mit einer Diskette vorbeirennt, um den Datenaustausch zwischen den fest installierten Arbeitsplätzen zu ermöglichen. Überforderte wollen per destruktivem Einsatz von Magneten den alten Zustand erhalten.
Einschneidend ist die Wende im Ostblock: Ende 1989 sind erste Übersiedler aus (ehem.) Sowjetunion, aus Rumänien und auch aus der DDR in der Barbara-Kaserne aufzunehmen. Und ab dem 1. Quartal 1991 kommen die ersten Rekruten aus den Neuen Bundesländern ins Btl, während gleichzeitig Personal zum BwKdoOST abzugeben ist; auch ist "Ausbildung am Arbeitsplatz" für Offiziere und Unteroffiziere der (ehem.) NVA durchzuführen, damit NVA-Soldaten in die Bundeswehr integriert werden können.
30 Jahre RakArtBtl 112 kann im Juni 1991 gefeiert werden, wieder mit Festschrift, aber die Würfel sind gefallen: auch 112 wird aufgelöst werden! So erfährt es das Bataillon aus dem Delmenhorster Kreisblatt. Auflösung ist einfach gesagt, aber schwer getan. Personal und Material sind ja da und müssen "versorgt" werden, ohne dass Schlimmes passiert. Die Vorbereitungen auf die Auflösung binden reichlich Kraft und Kräfte.
Ab nun ist alles "das letzte Mal": April 1992 Vorführungsschießen für Lehrgangsteilnehmer der Offiziersschule des Heeres; August 1992 Geländebesprechung "Seelower Höhen", Einstellen des Ausbildungsbetriebes Ende 1992 und Beendigung der Patenschaft zu Lathen, mit einem Adventskonzert. Im Februar 1993 ist die letzte Planübung beim Regiment.
Am 16.06.93 ist der letzte Btl Appell zur Außerdienststellung und schließlich endet die Geschichte des Btl am 31.12.1993 mit der offiziellen Auflösung, nachdem am 17.06.93 schon die meisten Lichter ausgeknipst und die meisten Soldaten versetzt sind.
Die Traditionsgemeinschaft 112 hielt die Erinnerung an das Bataillon und die in ihm gedient habenden Menschen in einer liebevoll gestalteten kleinen Ausstellung im Block 4 der ehem. Barbara-Barracks aufrecht und musste 2015 in Block 19 der Feldwebel- Lilienthal- Kaserne umziehen. Besuch lohnt sich! Siehe dazu auch den Bericht unter "Andere Aspekte - Traditionspflege".